• Nicht jeder Steuerbescheid ist korrekt. Fehlerhafte Berechnungen, unberücksichtigte Angaben oder Missverständnisse bei der Sachverhaltswürdigung kommen häufiger vor, als viele glauben. Für Bürger:innen, Unternehmer:innen und Steuerberater:innen ist das Einspruchsverfahren daher ein wichtiges und wirkungsvolles Mittel, um ihre Rechte im Steuerverfahren wahrzunehmen.

    Der Einspruch ermöglicht eine außergerichtliche Überprüfung durch das Finanzamt selbst – ohne Gerichtsverfahren und mit geringen formalen Hürden. Wer rechtzeitig und gut begründet reagiert, hat die Chance auf eine Korrektur des Bescheids und kann sich oft langwierige oder kostspielige Verfahren ersparen.

  • Die rechtliche Basis für das Einspruchsverfahren bildet die Abgabenordnung (AO), insbesondere die §§ 347 ff. AO. Dort ist geregelt, dass gegen Verwaltungsakte der Finanzbehörden – etwa Steuerbescheide, Verspätungszuschläge oder Säumniszuschläge – Einspruch eingelegt werden kann.

    Zuständig ist immer die Stelle, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. In der Regel ist das das jeweils zuständige Finanzamt.

  • Ein Einspruch muss:

    • schriftlich oder elektronisch (z. B. über ELSTER) erfolgen,

    • den angefochtenen Bescheid genau bezeichnen,

    • innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Finanzamt eingehen.

    Die Monatsfrist beginnt mit der tatsächlichen Bekanntgabe des Bescheids. Bei schriftlicher Bekanntgabe gilt der Bescheid am dritten Tag nach dem Datum des Bescheids als zugegangen (§ 122 AO).

    Ein formloser Text genügt – es muss kein juristischer Schriftsatz sein. Entscheidend ist, dass klar wird, dass Einspruch eingelegt wird und gegen welchen Bescheid sich dieser richtet.

  • Eine Begründung ist gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben – aber dringend zu empfehlen. Nur wenn das Finanzamt weiß, warum der Bescheid aus Sicht der betroffenen Person falsch ist, kann es gezielt prüfen und ggf. korrigieren. Eine präzise, sachliche und gut dokumentierte Begründung erhöht die Erfolgsaussichten erheblich.

    Dabei gilt: Auch neue Tatsachen oder Beweismittel können vorgebracht werden. Das Verfahren ist nicht auf den ursprünglichen Inhalt der Steuererklärung beschränkt.

  • Nach Eingang des Einspruchs prüft das Finanzamt den Sachverhalt erneut. In vielen Fällen erfolgt eine telefonische Rückfrage oder ein schriftlicher Hinweis. Häufig wird um ergänzende Unterlagen oder Erläuterungen gebeten.

    Das Finanzamt kann:

    • dem Einspruch vollständig abhelfen (z. B. durch Korrektur des Bescheids),

    • teilweise abhelfen,

    • oder den Einspruch vollständig ablehnen.

    Wird dem Einspruch nicht abgeholfen, erlässt das Finanzamt eine Einspruchsentscheidung. Gegen diese ist dann nur noch die Klage vor dem Finanzgericht möglich.

  • Ein Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung – d. h. die Zahlungspflicht aus dem Steuerbescheid bleibt grundsätzlich bestehen. Um eine mögliche Vollstreckung zu verhindern, kann die Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragt werden (§ 361 AO).

    Voraussetzung ist, dass ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen oder unbillige Härten drohen. Wird die AdV gewährt, muss der geschuldete Betrag vorerst nicht bezahlt werden – bis zur Entscheidung über den Einspruch.

  • Die Finanzverwaltung veröffentlicht regelmäßig Daten zur Einspruchsbearbeitung. In den letzten Jahren wurde etwa jeder dritte Einspruch ganz oder teilweise zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden. Das zeigt: Einspruch ist ein wirksames Mittel, um Korrekturen zu erreichen.

    Häufige Erfolgsgründe sind:

    • Nichtberücksichtigung von Werbungskosten, Betriebsausgaben, Freibeträgen,

    • fehlerhafte Anwendungsweise steuerlicher Vorschriften,

    • fehlerhafte Datenübernahmen (z. B. durch ELSTER oder bei Belegübertragungen).

  • Auch wenn der Einspruch selbst keine komplexe juristische Form erfordert, kann sich fachlicher Rat durch Steuerberater:innen oder Lohnsteuerhilfevereine lohnen – besonders bei höheren Beträgen oder komplizierten Sachverhalten.

    Professionelle Unterstützung sorgt nicht nur für eine rechtssichere Formulierung, sondern hilft auch bei der Fristwahrung, bei Beweismitteln oder bei der Entscheidung, ob Einspruch oder Klage sinnvoller ist.

  • Das Einspruchsverfahren ist ein zentrales Mittel zur Wahrung der Rechte von Steuerpflichtigen. Es ist einfach, kostengünstig und vielfach erfolgreich. Wer seinen Steuerbescheid kritisch prüft, Einspruch korrekt und fristgerecht einlegt und gegebenenfalls professionelle Hilfe nutzt, verbessert seine steuerliche Position erheblich – ganz ohne gerichtlichen Streit.

    Besonders in Zeiten zunehmender Digitalisierung und komplexer Steuerrechtsänderungen ist das Einspruchsverfahren ein wichtiges Instrument, um Transparenz, Gerechtigkeit und Kontrolle im Besteuerungsverfahren zu sichern. Dabei geht es nicht nur um die Korrektur von Fehlern, sondern auch um die Wahrnehmung des verfassungsrechtlich garantierten Rechtsschutzes.

    Ein Einspruch kann nicht nur finanziellen Schaden abwenden, sondern auch zur Klärung ungeklärter Rechtsfragen beitragen. Er bietet zudem die Möglichkeit, rechtliche Entwicklungen aktiv zu begleiten und sich gegen aus Sicht des Steuerpflichtigen zweifelhafte Rechtsauslegungen zu wehren.

    Die Devise lautet daher: Nicht vorschnell zahlen – sondern prüfen, begründen und handeln. Das gilt für Privatpersonen ebenso wie für Unternehmer:innen.

Vertiefung & Praxis:

Einspruch bei geschätzten Besteuerungsgrundlagen

Ein besonders häufiger Anwendungsfall für das Einspruchsverfahren ist der Steuerbescheid auf Basis geschätzter Besteuerungsgrundlagen. Dies geschieht, wenn Steuerpflichtige ihrer Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nachkommen, z. B. durch verspätete Abgabe der Steuererklärung, fehlende Belege oder eine nicht ordnungsgemäße Buchführung.

In solchen Fällen darf das Finanzamt gemäß § 162 AO eine Schätzung vornehmen. Diese fällt häufig zuungunsten der betroffenen Person aus – umso wichtiger ist es, innerhalb der Einspruchsfrist aktiv zu werden.

Der Einspruch sollte in diesen Fällen unbedingt eine detaillierte Begründung enthalten und durch Nachreichung der versäumten Unterlagen, Aufstellungen oder Nachweise ergänzt werden. Auch eine eigene Gegenrechnung – z. B. durch eine korrigierte Einnahmen-Überschuss-Rechnung – kann die Erfolgsaussichten deutlich erhöhen.

Im besten Fall korrigiert das Finanzamt die Schätzung vollständig. Auch eine Reduzierung oder teilweise Berichtigung ist möglich. Voraussetzung ist jedoch, dass die eingereichten Daten nachvollziehbar und prüffähig sind.

Elektronischer Einspruch und Digitalisierung

Das Einspruchsverfahren wurde in den letzten Jahren zunehmend digitalisiert. Steuerpflichtige haben die Möglichkeit, ihren Einspruch über das ELSTER-Portal elektronisch einzureichen. Dies bietet Vorteile in der schnellen Übermittlung, der Nachweisbarkeit und der Integration in den elektronischen Steuerdatensatz.

Auch viele Kommunikationselemente (z. B. Rückfragen des Finanzamts oder Hinweise auf fehlende Unterlagen) werden heute per ELSTER-Nachricht oder durch elektronische Bescheidmitteilungen versandt. Wer seine Einsprüche digital einreicht, sollte daher regelmäßig seinen ELSTER-Posteingang prüfen.

Darüber hinaus können über Schnittstellen zu Buchhaltungs- oder Steuerberatungssoftware auch standardisierte Einspruchsvorlagen erzeugt und direkt eingereicht werden. Dies spart Zeit und hilft insbesondere bei komplexeren Einspruchsverfahren mit mehreren Sachverhalten.

Elektronischer Einspruch und Digitalisierung

Das Einspruchsverfahren wurde in den letzten Jahren zunehmend digitalisiert. Steuerpflichtige haben die Möglichkeit, ihren Einspruch über das ELSTER-Portal elektronisch einzureichen. Dies bietet Vorteile in der schnellen Übermittlung, der Nachweisbarkeit und der Integration in den elektronischen Steuerdatensatz.

Auch viele Kommunikationselemente (z. B. Rückfragen des Finanzamts oder Hinweise auf fehlende Unterlagen) werden heute per ELSTER-Nachricht oder durch elektronische Bescheidmitteilungen versandt. Wer seine Einsprüche digital einreicht, sollte daher regelmäßig seinen ELSTER-Posteingang prüfen.

Darüber hinaus können über Schnittstellen zu Buchhaltungs- oder Steuerberatungssoftware auch standardisierte Einspruchsvorlagen erzeugt und direkt eingereicht werden. Dies spart Zeit und hilft insbesondere bei komplexeren Einspruchsverfahren mit mehreren Sachverhalten.

Sollten Sie zu diesem - aber auch zu einem anderen - Themenbereich irgendwelche Fragen haben, können Sie sich gerne für eine Beratung vertrauensvoll an mich wenden. Nutzen Sie hierfür bitte das Kontaktformular auf dieser Website.

 

Bitte sehen Sie sich auch meine übrigen Beratungsschwerpunkte an.