Wiedereinsetzung nach § 110 AO:
Eine Chance für Steuerpflichtige
3. Die gesetzliche Grundlage: § 110 AO
§ 110 Absatz 1 AO regelt: "Wird jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren."
Hieraus ergeben sich zwei zentrale Elemente:
Fristversäumung: Eine gesetzliche Frist wurde überschritten.
Kein Verschulden: Die Versäumung ist nicht auf eigenes Verschulden zurückzuführen.
Absatz 2 legt zusätzlich fest, dass der Antrag (auf Wiedereinsetzung) innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden muss. Weiterhin ist die versäumte Rechtshandlung (also etwa der Einspruch) gleichzeitig nachzuholen.
Die Vorschrift ist Ausdruck des Grundsatzes der Fairness im Verwaltungsverfahren. Wer unverschuldet an der Wahrnehmung seiner Rechte gehindert war, soll nicht dauerhaft rechtliche Nachteile erleiden.
4. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wiedereinsetzung
Damit eine Wiedereinsetzung gewährt wird, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Versäumung einer gesetzlichen Frist: Es reicht nicht, eine behördlich gesetzte Frist zu übersehen.
Kein eigenes Verschulden: Ein Verschulden ist bereits dann anzunehmen, wenn leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Steuerpflichtige müssen grundsätzlich organisatorische Maßnahmen treffen, um Fristversäumnisse zu vermeiden.
Unverzügliche Antragstellung: Spätestens innerhalb eines Monats nach Kenntnis des Hindernisses.
Glaubhaftmachung der Hinderungsgründe: Etwa durch ein ärztliches Attest, eidesstattliche Versicherung oder durch andere geeignete Nachweise.
Nachholung der versäumten Handlung: Der Rechtsbehelf (z. B. Einspruch) muss gleichzeitig nachgeholt werden.
5. Typische Anwendungsfälle aus der Praxis
In der Praxis sind zahlreiche Konstellationen denkbar, bei denen eine Wiedereinsetzung möglich ist:
Schwere Erkrankung: Ein plötzlicher Krankenhausaufenthalt verhindert fristgerechtes Handeln.
Postzustellungsfehler: Der Steuerbescheid erreicht die richtige Person nicht rechtzeitig.
Unverschuldete technische Probleme: Ein Serverausfall führt dazu, dass elektronische Einsprüche nicht rechtzeitig eingehen.
Irrtum über die Rechtslage trotz ausreichender Bemühungen: Der/die Steuerpflichtige verlässt sich auf eine unzutreffende behördliche Auskunft.
Vertreterverschulden: Auch Steuerberater:innen oder Bevollmächtigte müssen sorgfältig handeln. Fehler von Vertreter:innen werden der vertretenen Partei zugerechnet – aber bei unverschuldeter Verhinderung kann trotzdem eine Wiedereinsetzung möglich sein.
6. Ablauf des Wiedereinsetzungsverfahrens
Das Verfahren gestaltet sich in folgenden Schritten:
Erkennen der Fristversäumung
Unverzügliche Antragstellung: Innerhalb eines Monats.
Beifügung geeigneter Nachweise: z. B. Atteste, eidesstattliche Versicherungen.
Gleichzeitiges Nachholen der versäumten Handlung
Entscheidung der Behörde: Positiv oder negativ, mit Rechtsbehelfsbelehrung.
Wichtig ist, dass die zuständige Finanzbehörde die Tatsachen vollständig und überzeugend dargestellt bekommt.
Kommt es zu einer Ablehnung, kann auch gegen diese Entscheidung wiederum Rechtsbehelf eingelegt werden.
7. Risiken und Fehlerquellen
Trotz der großzügigen Intention des Gesetzgebers bestehen Risiken:
Falsche oder unvollständige Angaben: können zur Ablehnung führen.
Verspäteter Antrag: Die Monatsfrist nach Kenntnis ist strikt.
Fehlende Glaubhaftmachung: Ohne geeignete Nachweise scheitert der Antrag.
Unvollständiges Nachholen der versäumten Handlung.
Organisationsverschulden: Wer keine geeigneten Vorkehrungen trifft (z. B. Fristenkalender, Urlaubsvertretung), handelt schuldhaft.
8. Tipps für eine erfolgreiche Antragstellung
Fristen akribisch überwachen: Notieren Sie alle wichtigen Fristen systematisch.
Dokumentation von Hinderungsgründen: Sammeln Sie Atteste, Bestätigungen, Screenshots usw.
Professionelle Hilfe suchen: Steuerberater:innen können Anträge korrekt formulieren und begründen.
Schnelligkeit: Keine Zeit verlieren, sobald ein Hindernis entfällt.
Sorgfalt bei der Nachholung: Der verspätete Einspruch oder Antrag muss fehlerfrei sein.
Präzise und ausführliche Begründung: Je plausibler und detailreicher die Schilderung, desto besser.
9. Besonderheiten bei bestimmten Verfahren
Die Anforderungen an eine Wiedereinsetzung können je nach Art des Verfahrens variieren. Bei Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung sind die Gerichte besonders streng. Auch im Steuerstrafverfahren gelten Besonderheiten, die besondere Aufmerksamkeit erfordern.
Ein weiteres Spezialthema ist die Wiedereinsetzung im Einspruchsverfahren bei Versäumnis der einmonatigen Einspruchsfrist gemäß § 355 AO. Hier muss besonders sorgfältig vorgetragen werden.
10. Gerichtliche Verfahren und Wiedereinsetzung
Wird die Wiedereinsetzung von der Finanzbehörde abgelehnt, kann gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Die Finanzgerichte prüfen sehr genau, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Bei Fehlern im Verfahren kann auch Wiedereinsetzung in die Klagefrist oder Berufungsfrist beim Finanzgericht selbst beantragt werden.
Hier gelten ebenfalls strenge Maßstäbe. Eine erfolgreiche Antragstellung erfordert daher professionelle Unterstützung und akribische Vorbereitung.
11. Fazit: Wiedereinsetzung als zweite Chance nutzen
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO ist ein wertvolles Instrument, um unverschuldete Fristversäumnisse zu heilen. Wer die gesetzlichen Vorgaben kennt, die Nachweise sorgfältig dokumentiert und die richtige Strategie wählt, kann sich eine zweite Chance sichern.
Gerade im Steuerrecht kann dies entscheidend sein: Für den Erhalt von Steuervergünstigungen, die Vermeidung von Nachteilen oder die Wahrung Ihrer Rechte.
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Im hektischen Alltag kann es leicht passieren: Eine wichtige Frist im Steuerverfahren wird übersehen. Verspätete Einsprüche, versäumte Klagefristen oder nicht eingereichte Anträge können schwerwiegende Folgen haben. Doch nicht immer ist die Fristversäumung das Ende der rechtlichen Möglichkeiten. Der Gesetzgeber hat mit § 110 der Abgabenordnung (AO) eine Möglichkeit geschaffen, die Tür zu einem fairen Verfahren offen zu halten: die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Wer diese Chance richtig nutzt, kann unverschuldet versäumte Rechte doch noch geltend machen.
In diesem Aufsatz erfahren Sie, was Wiedereinsetzung bedeutet, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und wie Sie Ihre Chancen auf Erfolg deutlich erhöhen können. Als erfahrene Steuerexpert:innen stehen wir Ihnen zur Seite, um diese zweite Chance bestmöglich zu nutzen.
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Grundverständnis: Fristen und ihre Bedeutung im Steuerrecht
Das Steuerrecht ist geprägt von Fristen. Ob Einspruch, Klage oder Antrag auf Aussetzung der Vollziehung – fast jeder Rechtsbehelf muss innerhalb einer bestimmten Zeitspanne eingelegt werden. Diese Fristen dienen der Rechtssicherheit und der geordneten Abwicklung der Verfahren. Nur so kann ein geordnetes Steuerverfahren sichergestellt werden, das sowohl die Interessen der Steuerpflichtigen als auch die der Behörden wahrt.
Wer eine Frist versäumt, verliert grundsätzlich sein Recht, den Verwaltungsakt überprüfen zu lassen oder andere Rechtsmittel einzulegen. Besonders tödlich kann eine versäumte Klagefrist sein: Der Steuerbescheid wird dann unanfechtbar, selbst wenn er materiell falsch ist.
Die Bedeutung der Fristen zeigt sich auch daran, dass ihre Berechnung und Einhaltung oft komplex ist. Beginn, Lauf und Ende von Fristen können von vielen Faktoren abhängen: vom Zugang eines Bescheids, von Feiertagen, von besonderen gesetzlichen Regelungen.
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Mit Ablauf der Einspruchsfrist wird ein Steuerbescheid bestandskräftig. Das heißt: Er ist nicht mehr anfechtbar, auch wenn er rechtswidrig oder fehlerhaft ist. Eine spätere Korrektur ist dann nur noch über wenige, enge Ausnahmetatbestände möglich, etwa:
§ 129 AO – offensichtliche Schreibfehler
§ 173 AO – nachträglich bekannt gewordene Tatsachen
§ 172 AO – Änderung zuungunsten nur mit Zustimmung
Ohne zulässigen Einspruch bleibt der Bescheid in Stein gemeißelt – mit oft jahrelangen steuerlichen Auswirkungen.
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Wenn Sie die Einspruchsfrist ohne eigenes Verschulden versäumt haben, kann ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) gestellt werden. Aber: Die Anforderungen sind streng.
Erforderlich sind:
ein konkreter Nachweis des Hinderungsgrundes (z. B. plötzliche Krankheit mit Attest),
eine unverzügliche Nachholung der versäumten Handlung,
der Antrag muss innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden.
Achtung: Vergessen, Überlastung, Urlaub oder Unachtsamkeit gelten nicht als unverschuldet. Die Finanzämter prüfen hier sehr genau – und lehnen Anträge oft ab.
Bitte sehen Sie sich auch die gesonderten Ausführungen auf dieser Website zu dem Wiedereinsetzungsverfahren an.
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🕓 Postaufgabe:
Der Steuerbescheid gilt ab dem vierten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (ab 2025).🌍 Ausland:
Bei Wohnsitz im Ausland gilt der Bescheid nach einem Monat als zugegangen – es sei denn, der Zugang kann früher belegt werden.📅 Fristbeginn und -ende:
Die Einspruchsfrist beträgt einen Monat nach Bekanntgabe (§ 355 AO). Sie endet jeweils am letzten Tag der Frist um 24:00 Uhr.🚫 Wochenenden und Feiertage:
Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, verlängert sich die Frist auf den Ablauf des nächsten Werktages (§ 108 Abs. 3 AO).⛔ Versäumung der Frist:
Ein nicht rechtzeitig eingelegter Einspruch führt zur Bestandskraft des Bescheids – selbst wenn er objektiv falsch ist.🛡️ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
Nur möglich bei nachweislich unverschuldetem Versäumnis. Der Antrag muss innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden (§ 110 AO). (Sehen Sie sich hierzu auch die gesonderten, umfangreichen Ausführungen auf dieser Website an.) -
Gleich, ob Sie im Inland wohnen oder als Auslandsbürger:in einen deutschen Steuerbescheid erhalten – die Frist läuft, und sie kennt keine Kulanz. Prüfen Sie selbst, wenn Sie es mögen und es sich zutrauen, lassen Sie die Frist fachmännisch prüfen, wenn Sie sichergehen wollen!
Als erfahrener Steuerberater unterstütze ich Sie bei:
Fristberechnung und Fristwahrung,
Prüfung auf Bekanntgabezeitpunkt – auch in Auslandsfällen,
Einspruchseinlegung und -begründung,
ggf. Wiedereinsetzungsantrag mit Dokumentation.
Ein kleiner Fehler beim Fristende kann zu großen finanziellen Nachteilen führen.
Sorgen Sie vor – mit fachlicher Unterstützung, bevor es zu spät ist.📅 Frist im Blick behalten – mit dem kostenlosen Fristenrechner
Die Berechnung der Einspruchsfrist ist komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint. Denn Wochenenden, Feiertage und gesetzliche Fristverschiebungen – etwa nach § 108 Abs. 3 AO – können die Frist verlängern.
Ab 2025 gilt zudem eine neue Bekanntgaberegelung: Steuerbescheide gelten dann vier Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben.
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Damit Sie Ihre Einspruchsfrist sicher und nachvollziehbar berechnen können, empfehle ich die Nutzung eines kostenlosen Online-Fristenrechners:
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Die Nutzung dieses Rechners erfolgt auf eigene Verantwortung und Gefahr. Sie ersetzt keine steuerliche Prüfung Ihres Bescheids. Sie stellt - bei richtiger Eingabe und Bedienung - lediglich sicher, dass Sie den Ablauf der Einspruchsfrist kennen.
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Ausblick: Die Wahrnehmung Ihrer rechtlichen Interessen nach dem Erhalt eines Steuerbescheides ist von der rechtzeitigen Einlegung eines Einspruches abhängig.
Daher gilt: Prüfen Sie deshalb nach Erhalt jedes Steuerbescheides unbedingt die Einspruchsfrist!
Als erfahrener Steuerberater unterstütze ich Sie kompetent und engagiert ‘rund um das Thema’ - Einspruchsfrist im Steuerrecht – und damit auf dem Weg zur Wahrung Ihrer Interessen.
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📩 Sprechen Sie mich deshalb jetzt einfach an – bevor es für einen Einspruch möglicherweise zu spät ist!
Sollten Sie aber auch zu einem anderen steuerlichen oder wirtschaftlichen Themenbereich Auskünfte wünschen, auch die auf dieser Website möglicherweise nicht genannt sind, so können Sie sich gerne für eine Beratung vertrauensvoll an mich wenden. Nutzen Sie hierfür bitte das Kontaktformular auf dieser Website.
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